Der Männergesangverein „Germania“ 1872 Lollschied – Werdegang eines Traditionsvereins

Jahre von 1872 bis 1900

Mit Gegenwärtigem will Schreiber dieses alles einzelnen und besonderen Momenten und Begebenheiten, welche mit der edlen Gesangeskunst in Beziehung und Berührung stehen, aufzeichnen. Damit sie gegenwärtigen Mitgliedern illustrativen durchlebter Zeiten und späteren Geschlechtern zur Anregung und Nacheiferungen dienen mögen. Es erlaubt sich daher der Verfasser bis zu dem Zeitpunkt zurückzugreifen, wo dahier der erste Gesangverein ins Leben trat. Dies geschah im Jahre 1872. Der Gedanke in die mächtige Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 ließ auch im hiesigen Orte die Herzen aller national gesinnter Männer und Jünglinge höher schlagen und patriotischer Gesinnungstrieb sie zur Gründung eines Vereins und darin Liebe und Begeisterung zu Kaiser und Reich in Tönen zum Ausdruck zu bringen. Als Zeichen recht deutscher Gesinnung legte sich der neue Verein den Namen „Germania“ bei. Als Dirigent fungierte Herr Lehrer Schol. Das Bestehen dieses Vereins war aber nicht von langer Dauer. Durch Wegzug des Dirigenten im Jahre 1877 blieb der Verein ohne Leitung, da der Nachfolger an hiesiger Schulstelle Herr Lehrer Achtstein zur Übernahme des Vereins keine Neigung zeigte. Die sehr geringe Vereinskasse wurde in edlen Gerstensaft umgesetzt und hiermit das letzte Band der Zusammengehörigkeit zerstört. Am 1. November des Jahres 1882 gründete sich wieder ein neuer Verein unter dem Namen „Germania“, der sich gleich zu Anfang einer starken Mitgliederzahl erfreute. Die Leitung lag in den Händen des Lehrers Eschhofen, unter dessen Führung eine stattliche Anzahl Lieder eingeübt wurde. Jedoch auch dieser Verein musste im Blüte seiner Jahre zu Grabe getragen werden, da sich Herr Lehrer Grossmann zur Übernahme der Dirigentensteile nicht bereit erklärte. Treu der früheren Parole: Vereinsvermögen gleich flüssig zu machen, wurde auch hier verfahren und die ganze Vereinskasse aus reiner Nächstenliebe dem Gotte „Gambrinus“ geopfert. Der Vereinsfunke war aber damit keinesfalls erloschen, sondern loderte am 3. Februar 1896 in hellen Flammen wieder empor. An genanntem Tage wurde nämlich der dritte Verein dahier unter der früheren Bezeichnung „Germania“ ins Leben gerufen und zählte bei seiner Gründung 20 Mitglieder, die von edlem Streben erfüllt, reges Interesse an der edlen Gesangeskunst zeigten. Hoffen wir, dass dem so bleiben werde bis in die fernsten Zeiten! Als Vereinspräsident wurde Herr Heinrich Wagner und als Rechner Peter Kaiser II gewählt. Die Dirigentschaft übernahm Schreiber, dieser, Heinrich Blum, derzeitiger Lehrer an hiesiger Schule. Dem Fortschritt der Zeit entsprechend beschloss man, die Einübung der Chöre nach Noten vorzunehmen, die von jedem Mitglied eigenhändig in ein Liederheft eingetragen wurden. Das erste öffentliche Auftreten des Vereins geschah am 17. April 1896 bei der Beerdigung des Herrn Moll, wo das Grablied: „Wie sie so sanft ruhen“ vorgetragen wurde. Noch zweimal in demselben Jahre wurde genanntes Lied bei Sterbefällen zu Gehör gebracht, nämlich am 27. Mai bei Frau Schmidt und am 7. September bei Herrn Friedrichs Kind.

Erste handgeschriebende Noten von Gottfried Beilstein von 1855 (sic)

Einer Einladung zur Fahnenweihe des Gesangvereins zu Berghausen im Juli des Jahres wurde zusagender Bescheid erteilt. Wegen eingetretener, unvorhergesehener Umständehalber musste jedoch noch in den letzten Tagen vor dem Feste Absage erfolgen. An dem 50. Fahnenjubiläum des Gesangvereins Concordia zu Nastätten am 16. August nahm der Verein vollzählig teil. Hier wurde das Lied „Mit dem Wind und Wellen“ gesungen. Am 2. Weihnachtsabend 1896 wurde dann im Schulsaal dahier eine Christbaumverlosung mit Konzert und Theater veranstaltet, das sehr zahlreich besucht war und allseitigen ungeteilten Beifall fand. Das Programm war folgendes: „Am Rhein“, Männerchor Deklamation: „Per Extrazug“, vorgetragen von Karl Spriestersbach „Der Jude und sein Korporal“, vorgetragen von Heinrich Wagner und Phillip Spriestersbach „Eine fidele Gerichtssitzung“ mit Klavierbegleitung, vorgetragen von Wilhelm Debusmann, Phillip Reckardt und Karl Spriestersbach „Stromfahrt“, Männerchor „Eine Rekrutenaushebung auf dem Lande“, mit Klavierbegleitung von Wilhelm Debusmann, Jakob Reckardt, Karl Müller, Karl Spriestersbach, Phillip Fuhr und Philipp Spriestersbach „Kleider machen Leute“, Lustspiel für 8 Personen, vorgetragen von Heinrich Wagner, Philipp Reckardt, Phillip Fuhr, Peter Meister, Jakob Kaiser, Peter Kaiser I, Philipp Spriestersbach und Ferdinand Fuhr. Auch die finanzielle Einnahme war eine recht erfreuliche, 36,60 Deutsche Mark, so dass der Verein mit seiner ersten Veranstaltung recht zufrieden sein konnte. Am 24. Januar 1897 gab man in Geisig ein Konzert mit oben aufgeführtem Programm, dessen Erlös unserer jungen Vereinskasse einen großen Beitrag leisten sollte. Das Erreichte entsprach jedoch unseren Hoffnungen nicht, da durch plötzlich eingetretene ungünstige Witterung das erhoffte Publikum der Nachbardörfer ausblieb. Angesichts der sehr traurigen Witterung konnte man mit dem Dichter singen: „Es war ein Sonntag jämmerlich es schneite da ganz fürchterlich“. Der Schnee lag nämlich 1 bis 2 Fuß hoch. Von der Zukunft hoffen wir aber bessere Resultate. Das Jahr 1897 war für den ganzen Verein an Ereignissen weniger reich als das vorhergehende. Die wöchentliche Gesangsstunden wurden in gewohnter Weise pünktlich gehalten. An der Fahnenweihe des Gesangvereins „Germania“ zu Buch am 15. August nahm der Verein vollzählig teil und brachte das Lied: „Nimm Deine schönsten Melodien“ zum Vortrag. Eine Einladung des Gesangvereins „Liederkranz“ zu Nassau zur Teilnahme am Gesangeswettstreite konnte nicht Folge geleistet werden, da der Verein nach kaum einjährigem Bestehen seine Künste nicht für so stark erachtete, um an einem öffentlichen Wettkampfe teilzunehmen. Dem Gesangverein „Freundschaft“ zu Zimmerschied musste ebenfalls ein ablehnender Bescheid erteilt werden, da zu dieser Zeit der Dirigent eine vierwöchige militärische Übung in Wiesbaden ableistete. Anläßlich der Vermählung unseres Ehrenmitgliedes Herrn Pfarrer Weyl zu Niedertiefenbach wurde ihm beim Einzuge seiner Frau im Monat September zu Niedertiefenbach ein Ständchen gebracht, welches dem Verein mit einem Glase edlen Gerstensaftes belohnt wurde. Am 30. Januar 1898 veranstaltete man wieder ein Konzert, das sich trotz ungünstiger Witterung sehr zahlreichen Besuches zu erfreuen hatte. Das Programm war folgendermaßen zusammengesetzt:

  • „Mein Vaterland“, Chor
  • „Itzig im Faß“, Deklamierung vorgetragen von Heinrich Wagner
  • „Die glücklichen Ehemänner“, mit Klavierbegleitung von Heinrich Wagner, Peter Meister, Jakob Reckhardt, Philipp Schmid und Heinrich Spriestersbach
  • „Nur keine Überstürzung“, mit Klavierbegleitung von Wilhelm Debusmann
  • „Du trägst die Pfanne fort“, Lustspiel von Peter Reckhardt, Philipp Fuhr, Adam Moll, Johann Schmidt und Ferdinand Fuhr
  • „Rommel mit der großen Trommel“, mit Klavierbegleitung von Heinrich Holzhäuser
  • „Schwackers Geburtstag“, mit Klavierbegleitung von Wilhelm Debusmann, Josef Kaiser, Philipp Spriestersbach und Heinrich Spriestersbach
  • „Georg Johann Drüppel im Verhör“, Lustspiel von Karl Müller, Heinrich Friedrich, Johann Spriestersbach, Jakob Reckhardt, Heinrich Holzhäuser, Jakob Kaiser, Wilhelm Debusmann, Johann Kaiser, Johann Reckhardt.
  • „Gute Nacht“, Männerchor

Auch das finanzielle Ergebnis war ein recht befriedigendes, nämlich 49,85 Deutsche Mark. Die Mitgliederzahl hat sich im verflossenen Jahre um 5 vermehrt, so dass der Verein nach freiwilligen Austritte eines Sängers am Schlusse des Vereinsjahres 25 aktive Mitglieder zählte. Das Jahr 1898 verlief teilweise in alten Geleise, brachte jedoch auch einige Neuerungen für den Verein. Im Januar 1898 konstituierte sich im Lahnthale eine Sängervereinigung unter dem Namen „ Unterlahnsängerbund“ dem außer unserem Verein noch 17 andere mit circa 200 Sängern beitraten. Die jährlichen Beiträge wurden auf 20 Pfennig per Sänger festgesetzt. Statutengemäss findet alle 2 Jahre ein öffentliches Bundeswettsingen statt, von dem die Leistungen der einzelnen Vereine einem schriftlichen, fachmännischen Urteil unterliegen. Eine Verteilung von Wertpreisen ist für alle Zeiten ausgeschlossen. Als Bundesdirigent wurde der königliche Seminarmusiklehrer K. Walter zu Montabaur gewählt, zu dessen Obliegenheiten es auch gehört, jährlich Massenchorproben der Bundesvereine in verschiedenen Orten abzuhalten, um dann gelegentlich des Wettsingens Massenchöre von sämtlichen Bundesvereinen zum Vortrag zu bringen. Die erste Massenchorprobe wurde am 24. Mai zu Nassau in der „Krone“ abgehalten, wobei das Lied „Rheins Töchterlein“ zur Einübung gelangte. Das erste Wettsingen fand am 17. und 18. Juli zu Katzeneinbogen statt. Die nähere Beurteilung unserer Leistungen zeigt das zur Zeit im Vereinslokale prangende Diplom nebst „goldener Melodie“. An der Fahnenweihe des Gesangvereins zu Attenhausen am 3. Juli beteiligte sich der Verein vollzählig und trug das Lied „Freudensänge, Deutsche Brüder“ vor. Zur Beerdigung wurde dreimal gesungen, nämlich am 30. Juli am Grabe des Herrn Gemeinderechners Lotz, am 29. September dem acht Monate alten Söhnchen Waldemar des Dirigenten, (wobei Herr Lehrer Wehrheim von Niedertiefenbach bereitwilligst dirigierte), und am 11. Januar 1899 bei Herrn Stüber. Am 5. Februar 1899 veranstaltete man wieder ein Konzert. Das sich aber in Folge sehr ungünstiger Witterung (Glatteis) nur eines geringen Besuches zu erfreuen hatte und deshalb auf auswärtigen Wunsch dem folgenden Sonntag, 13. Februar, wiederholt wurde.………… der ganze Inhalt dieses Kapitels ist in unserem Buch „1200 Jahre Lollschied – Geschichte und Geschichten der Gemeinde“ nachzulesen.